Die Geschmäcker sind verschieden. Und weil das so ist, brauchen wir nun eine neue Restauratorin. Aber erst mal der Reihe nach: Wenn man ein denkmalgeschütztes Gebäude renovieren will, ist es Vorschrift, einen Restaurator oder eine Restauratorin einzuschalten. Diese baufachlichen Spezialisten untersuchen, welche ursprüngliche Fassung und welche Bearbeitungsschichten ein Gebäude aufweist. In unserem Fall sind das schon einige. Nur bezogen auf die Farbgebung kann man grob vier Fassungen voneinander unterscheiden:

  1. Da gibt es die ursprüngliche Ausmalung im neugotischen Stil aus dem Jahr 1866 mit bemalten Sockelzonen und floralen Rankenmalereinen entlang der Fester und an der Decke.
  2. Eine erste Überarbeitung im Jugendstil kam 1912 dazu: In dieser Zeit erhielten u.a. die beiden Wandflächen rechts und links neben dem Altarraum schwebende Engel mit Spruchbändern.
  3. All diese farbenfrohen Elemente hat man 1966/67 komplett in einheitlichem Weißton übermalt. Man hatte sich wohl satt gesehen an der Farbenpracht und baute auf schlichter Klarheit, die den Innenraum der Kirche sicherlich enorm aufgehellt hat. Komplettiert wurde diese nüchterne Farbgestaltung durch eine eingezogene Faltdecke in dunkel gebeiztem Holz und einen rötlich marmorierten Steinfliesenboden.
  4. Der letzte große Eingriff betraf erneut die Wandgestaltung: Auf die weiß getünchten Einheitsflächen wurde 1983 um die Fenster und den Altarbogen eine Rankenmalerei nach altem neugotischem Vorbild aufgetragen. Die Sockelbereiche jedoch blieben deutlich zurückhaltender gestaltet, als das bei der ursprünglichen Bemalung der Fall war. Schon diese Nachbildung stützte sich auf umfangreiche restauratorische Farbuntersuchungen.

Auch wir müssen uns überlegen, wie die Kirche künftig innen aussehen soll. Darum wurde auch im Vorfeld der anstehenden Innensanierung eine Restauratorin beauftragt, die Historie der Kirche darzustellen und eine Empfehlung auszusprechen, wie mit den verschiedenen Gestaltungsvarianten umgegangen werden könnte. Und siehe da: In ihrem Exposé empfahl sie uns, die Farb- und Formgebung der 60er Jahre beizubehalten. Erstens einmal sei diese Fassung auch durch die vorhandenen Elemente wie Altar, Taufstein, Bänke, Decke und Emporenbrüstungen am besten bezeugt. Und zweitens seien die restlichen Zeugnisse der neugotischen Fassung von 1866 zu sehr beschädigt und eine Wiederherstellung zu teuer. Durchaus nachvollziehbar.

Nun hatten wir uns jedoch bereits im Planerteam und im Kirchengemeinderat darauf verständigt, dass wir die Zwischendecke entfernen wollen, wenn es eine Idee gibt, wie man mit den vorhandenen Beschädigungen sinn- und stilvoll umgehen könnt. Dahingehend fragten wir bei der betreffenden Restauratorin an, ob sie uns auch nach dieser Grundsatzentscheidung gegen ihr Votum weiter mit ihrer Fachkenntnis begleiten will. Sie hat höflich abgelehnt. Sie akzeptiere unsere Entscheidung, könne aus denkmalethischen Gründen das Projekt aber leider nicht weiter betreuen. Wir werden uns also nach einem neuen Restaurator umschauen müssen.

Im Übrigen: Der zuständige Vertreter des Denkmalschutzes stufte die in der Kirche vorhandene Farb- und Formgebung aus den 60iger Jahren nicht als denkmalwürdig und schützenswert ein. Geschmäcker sind eben verschieden.