Wer an den letzten Sonn- und Feiertagen in der Kirche war, dem ist bestimmt der mit Klebeband fixierte blaue Teppich-Fleck auf dem Boden im zentralen Mittelgang aufgefallen. Was nicht unbedingt ästhetisch hochwertig ist, verbirgt eine Stolperfalle, die sich kurzfristig aus einer Bodenprobe ergeben hat. Ein dafür beauftragtes Ingenieurbüro hat an sechs Stellen den Bodenaufbau in der Kirche untersucht. Dafür wurden Bohrkerne mit einem Durchmesser von ca. 8 cm ausgefräst. Die Sondierungsstellen befinden sich im Altarraum, vor dem Übergang zur Sakristei, links vor dem Seitenausgang, im Mittelgang oder im nördlichen Treppenhaus zur Empore. Befundet wurden jeweils die Stärke der Bodenplatte, ihre Materialität und Qualität, sowie die Schicht darunter. Alle Bohrkerne wiesen unter dem jeweiligen Belag aus Steingutfliese oder Sandstein ca. 15 cm mageren Estrich auf, der beim herauslösen aus der Bohrkrone zerbröselte. Darunter befindet sich entweder reiner Sand oder (im Falle des besagten Bohrloches im Mittelgang) der Lüftungskanal, über den aus dem hinteren Kirchenschiff die Kaltluft zurück zur Heizung zirkuliert. Da der Verlauf dieses Kanals nirgends verzeichnet war, wurde er bei der Bodenprobe gleich kräftig mit angebohrt.

Mit dieser Untersuchung ist nun klar, dass die alte Betonplatte in der Kirche nicht geeignet sein wird, den neuen Bodenaufbau zu tragen. Sie wird ausgetauscht werden müssen. Die notwendigen Kosten dafür haben die Architekten bereits eingeplant. Es wird nun nur noch statisch zu begutachten sein, was es mit dem restlichen Gebäude macht, wenn man temporär einfach komplett die ganze Bodenplatte entnimmt.

Nach der Untersuchung wurden die Befundungslöcher mit einem so dünnen Estrichgemisch wieder verfüllt, dass sich beim Drauftreten feine und mittelgroße Kiesteile lösten. Auf dem umliegenden Fliesenboden stellten die losen Partikel eine nicht zu unterschätzende Rutschgefahr dar. Unsere kurzfristige Reklamation bei der Firma hat zumindest eine marginale Verbesserung erwirken können. Aber zur Sicherheit haben wir das Bohrloch an der am häufigsten frequentierten Stelle mit der oben beschriebenen Teppichfliese zugeklebt. Nicht auszudenken, wenn da beim Einmarsch der Konfirmanden, beim Kirchen-Café oder bei den zahlreichen Hochzeiten in den Sommermonaten jemand hinfällt.

Inzwischen ist das Gutachten erstellt und wir haben uns die ausgefrästen Scheiben der Bodenbeläge geholt. Zunächst war geplant, sie wieder selbst mit Fliesenkleber einbringen zu können. Sie sind aber so ausgeschlagen und beschädigt, dass der Kirchendiener die Idee verworfen hat. Es sind in den weitläufigen Kellergewölben des Wichernhauses jedoch noch Ersatzfliesen auffindbar gewesen. Mit diesen konnten die Löcher komplett abgedeckt werden. Damit ist auch der blaue Farbtupfer im Mittelgang wieder verschwunden und die Gefahr für alle Besucher eingedämmt.

Mit herzlichen Grüßen,

Bernhard Wielandt, Pfr.