Eintrag 59, KW23/ 2021

„Das neue Heizkonzept für die Christuskirche“

Lange haben wir uns mit der Auswahl der Wärmequellen für das neu zu gestaltende Heizkonzept in der Christuskirche schwergetan. Auch wenn einzelne Komponenten schon von Anfang an unumstritten feststanden, warf vor allem die Abdeckung der Spitzenlasten Fragen auf. Und bei der Diskussion über die einzelnen Planungskomponenten wurde immer wieder deutlich, wie wenig vergleichbare Heizkonzepte es gibt. Jede Kirche ist aufgrund ihrer bauphysikalischen Voraussetzungen und ihrer jeweiligen Grundfläche einzigartig. Dazu kommt, dass auch nur wenige Planungsbüros bereits über einschlägige Erfahrungen bei der Konzeption von Kirchenheizungen verfügen. Sie müssen sich dabei zudem auf DIN-Normen stützen, die genauso beim Bau von Industrie- und Veranstaltungshallen herangezogen werden und den Bedingungen eines historischen Bestandsgebäudes kaum entsprechen. Dem könnte man nur begegnen, indem man die anvisierten Heizquellen und ihre Wirkung auf den Raum in einer aufwändigen computergestützten Simulation errechnen ließe. Dazu fehlen jedoch bei uns das Budget und beim Planungsbüro das fachliche Knowhow.

Unstrittig war von Anfang an, die Grundlast der Wärme über einen Luft-Wärme-Tauscher zu erzeugen und über eine Fußbodenheizung flächig in den Raum zu bringen. Da die Fußbodenheizung für die Nutzer eine angenehme Bodenwärme abgibt, die Heizenergie also genau da spürbar ist, wo die Menschen sich aufhalten, hat sich der Kirchengemeinderat schon früh auf die Absenkung der Spitzentemperatur von 18°C auf 16 °C festgelegt. Das entspricht der Empfehlung der Landeskirche für die Beheizung historischer Kirchenräume. Die Sorge der Fachplaner war nun, dass sich die Erwärmung des Innenraums auf 16°C an kalten Wintertagen mit Außentemperaturen unter 4 °C auf Basis der Fußbodenheizung nicht mehr verlässlich erreichen ließe. Darum beinhaltet ihr Konzept auf Seiten der Wärmeerzeugung zusätzlich zwei Gastermen, die für die Spitzenlasten hinzugeschaltet werden. Doch nun stand die Frage im Raum, wie die Wärme dieser zusätzlichen Heizquelle in den Raum gebracht werden kann. Das Ingenieurbüro hatte zur eigenen Entlastung die Sicherheitsvariante vorgeschlagen: Ergänzend zur Fußbodenheizung sollten anfänglich im Kirchenschiff zwei Warmluftgebläse installiert werden. Und auf den Emporen waren zusätzliche Konvektoren geplant. Diese aufwendige Lösung mit drei verschiedenen Wärmequellen im Kirchenschiff war in unserer Projektrunde jedoch sehr umstritten. Vor allem die Vertreterin des landeskirchlichen Bauamts wies hartnäckig darauf hin, dass in Baden in letzter Zeit finanziell und energetisch deutlich weniger aufwändige Heizkonzepte in Betrieb genommen worden seien. Doch waren wir in der Bauherrenvertretung lange Zeit verunsichert, ob man die einzelnen Kirchen und örtlichen Nutzeranforderungen eins zu eins miteinander vergleichen kann.

Erhellend war für uns daher ein Ortstermin in der frisch renovierten Evangelischen Kirche in Hockenheim. Das Gebäude sieht zwar gestalterisch ganz anders aus. Es ist jedoch von der Größe her mit unserer Christuskirche vergleichbar. Es stammt zudem aus der vergleichbaren Bauzeit und ist auch noch vom selben Architekten entworfen. Bei der Umgestaltung vor drei Jahren wurde bewusst auf eine Warmluftheizung verzichtet. Die eingebaute Fußbodenheizung ist stark und flexibel genug, um den Raum um 1 °C pro Stunde aufzuheizen. Schneller darf die Temperatur gar nicht angehoben werden, weil sonst regelmäßig die relative Luftfeuchtigkeit zu sehr abfallen und langfristig die Orgel dabei Schaden nehmen würde. Zu den Spitzenlasten kann in Hockenheim zusätzlich eine Reihe von Heizkörpern entlang der Außenwände zugeschaltet werden. Allerdings sagen die örtlichen Nutzer – anwesend waren der Gemeindepfarrer und der Kirchendiener -, dass diese Unterstützung nur sehr selten gebraucht würde und bisher nie auf Volllast hätte betrieben werden müssen. Das Temperaturziel von 16 °C sei bisher immer verlässlich erreicht worden. Die ebenfalls vorhandenen Heizkörper auf der Empore hingegen seien völlig unnötig. Das Gesetz der aufsteigenden Wärme sorge dort immer für deutlich höhere Temperaturen, als sie im übrigen Kirchenschiff zu messen seien.

Diese Besichtigung in der Nachbargemeinde hat uns ermutigt, nun doch auf die Luftwärmestationen im Kirchenschiff zu verzichten. Damit können 24.000,- € aus dem Baubudget anderweitig eingesetzt werden. Wir vermeiden mit dem Wegfall auch die zum Teil als störend empfundenen Nebengeräusche der Gebläse, die auch während des Gottesdienstes unkontrolliert anspringen, um die Warmluft in den Raum zu bringen und sie dort umzuwälzen. Die Entscheidung hat auch einen Umweltaspekt: Warmluftheizungen verbrauchen im Betrieb deutlich mehr Energie als zum Beispiel die nun ausschließlich eingeplanten zusätzlichen Konvektoren. Letztere werden entlang der Wände angebracht und so verkleidet, dass sich dadurch gleichzeitig Bänke ergeben. So bieten sich bei Vollbelegung der Kirche zusätzliche Sitzgelegenheiten entlang der Außenwände.

Ebenfalls haben wir uns in Hockenheim abgeschaut: Zur Feuchteregulation sollen automatische Fensterklappen für die Querlüftung installiert und in die Steuerung der Kirchenheizung einbezogen werden. So kann dem Raum automatisch Frischluft zugeführt werden, wenn es im Innern zu trocken wird. Das dient vor allem dem Schutz der Orgel.

Zu ergänzen wäre wohl nur noch, dass auch die künftigen Anbauten mit einer Fußbodenheizung temperiert werden. Durch die deutlich kleineren Volumina der Gemeinderäume und die deutlich bessere Dämmung in diesem Bereich ist diese alleinige Heizquelle überall vollumfänglich ausreichend.

Mit herzlichen Grüßen,

Bernhard Wielandt, Pfr.