Liebe Schwestern und Brüder!

Der neuartige Corona-Virus verbreitet sich weltweit. Die Zahl der Infizierten steigt ebenso wie die der Toten schnell an. Von schweren Verläufen sind nach bisherigen Erkenntnissen vor allem Menschen betroffen, die alt oder schwach sind oder entsprechende Vorerkrankungen haben. Viele Menschen sind verunsichert, weil ihnen die Krankheit unbeherrschbar erscheint; sie fühlen sich der Bedrohung ohnmächtig ausgeliefert.

Der Glaube stellt sich der Furcht. Im Vertrauen auf Gott weist er sie in ihre Schranken und macht uns Mut, nüchtern und gelassen mit solchen Gefahren umzugehen. Wir sind als Kirchen dankbar für die vielen Menschen, die sich im Gesundheitswesen, in Krankenhäusern, Arztpraxen oder Pflegeeinrichtungen um die Infizierten und Kranken kümmern. Wir sind froh über die Verantwortlichen in Staat und Politik, die versuchen, die Ausbreitung zu verlangsamen, um genügend Kapazitäten zur Versorgung der schweren Fälle sicherzustellen. Wir freuen uns über die vielen Menschen, die sich an die Empfehlungen der zuständigen Stellen halten, auch wenn das tief in ihren familiären und beruflichen Alltag eingreift. Sie alle, wir alle bringen damit zum Ausdruck, dass sich die Kraft unserer Gesellschaft gerade in der Sorge für die Menschen zeigt, die besonders schutzbedürftig sind.

Als Kirche und Diakonie orientieren wir uns in unserem Handeln an den Vorgaben der Fachleute, auch wenn die Maßnahmen in unser kirchliches Leben eingreifen: sie verändern unser Gemeinde-leben, unsere Gottesdienste und Abendmahlsfeiern, unser Singen und Loben, unser diakonisches Engagement. Wir haben hier im Evangelischen Oberkirchenrat ein „Krisenteam Corona“ installiert, das die aktuellen Entwicklungen und die Vorgaben zeitnah zur Kenntnis nimmt und entsprechende Handlungsempfehlungen bzw. -vorgaben für die verschiedenen Arbeitsfelder entwickelt.

Als evangelische Kirche haben wir eine große Freiheit in allen Fragen, wie wir unseren Glauben leben, wie wir Gottesdienste feiern oder unser Gemeindeleben gestalten. Diese Freiheit ermöglicht es uns, uns je nach Situation vor Ort auf die Corona-Epidemie einzustellen.

In allem, wie wir unser Glaubensleben gestalten, werden wir bedenken, dass wir weder andere noch uns gefährden.

Zugleich wissen wir, wie wichtig es gerade in der Not ist, dass wir einander trösten und im Glauben und Lieben stärken. Andachten im Radio, Gottesdienste im Fernsehen oder Internet können eine Hilfe sein; aber wo ohne erhöhtes Risiko möglich, sollten wir auch unsere Gottesdienste vor Ort feiern. Wenn die Besuche in vielen Einrichtungen der Altenpflege in den nächsten Wochen insgesamt auf ein Minimum reduziert werden sollen, kommt der gottesdienstlichen und seelsorglichen Begleitung eine besondere Bedeutung zu; was wir dort tun können, müssen wir eng mit den Häusern und Fachleuten absprechen. Eine besondere Verantwortung tragen wir für ältere Menschen, die alleine zu Hause leben, aber auch dafür, dass niemand aufgrund seiner Erkrankung stigmatisiert oder ausgegrenzt wird. Die Kranken besuchen und die Trauernden trösten, war und ist eine der wichtigsten Formen christlicher Existenz, in der sich die Liebe Christi zeigt.

Ich bin sicher, wir werden auch in der Corona-Epidemie im Vertrauen auf Gott Wege finden, die Menschen aufrichten und zu einem verantwortungsvollen Mit- und Füreinander ermutigen. Dazu gehört vor allem auch das Gebet, in dem wir abends und morgens und in unseren Gottesdiensten die Menschen vor Gott bringen, die krank sind oder um verstorbene Angehörige trauern; indem wir für die vielen Menschen in den Gesundheitsdiensten danken, die um die Gesundheit der Kranken kämpfen; indem wir Gott bitten, dass die Ausbreitung des Virus bald an ihr Ende kommt und hilfreiche Impfstoffe und Medikamente entwickelt werden.

Ich grüße Sie mit den Zusagen der Losung und des Lehrtextes vom 10. März:

„Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“ (Psalm 27,1)

„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Timotheus 1,7)

Herzliche Grüße und Gottes Segen

Ihr

Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh