Apropos Denkmalpflege – in der Beziehung ist unser Bauprojekt noch längst nicht in trockenen Tüchern. Obwohl der für unsere Region zuständige Vertreter der Denkmalpflege bereits als Gast am Architektenwettbewerb teilgenommen hatte und somit alle alternativen Konzeptideen mit ihren Stärken und Schwächen auch gesehen hat, hegt er gegen unser Bauvorhaben in mehreren Punkten große Bedenken. Im Einzelnen sind die Konfliktpunkte aus seiner Sicht folgende:

1. Die beiden neu geplanten Gebäudeflügel entlang der beiden Seitenflanken des historischen Gebäudes seien zu opulent. Sie würden die ursprüngliche Fassadenansicht zu sehr verdecken. Vor allem der Umstand, dass die unteren Abschlüsse der Kirchenfenster nicht mehr erkennbar wären, bereite ihm Bauchschmerzen. Auch von der Formsprache und Ausgestaltung drängten sich die neuen Gebäudeteile zu sehr in den Vordergrund.

2. Da der ganze künftige Gebäudekomplex auf einer Ebene geplant ist, um die behindertengerechte Erschließung nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb des Gebäudes lückenlos zu gewährleisten, „versinke“ die ganze Kirche optisch in dem neu geplanten Vorplatz der Kirche. Der alte Sockel sei damit nicht mehr sichtbar.

3. Zudem könnten sich bauphysikalische Schwierigkeiten an den Stellen ergeben, wo bisher geplant ist, dicht an das alte Gebäude dranzubauen. Es gebe wohl genügend Beispiele dafür, dass man sich durch spätere unsensible Ein- oder Anbauten an historische Gebäude feuchtes Mauerwerk einhandle, was dann aufsteigende Salze oder gar Schimmelbildung zur Folge haben könne.

4. Unser Konzept erfordert zusätzliche Mauerdurchgänge, um das neue Gebäude an das alte sinnvoll anzuschließen. Jetzt besteht im Bereich der nachträglich angebauten Sakristei bereits ein solcher nachträglich erfolgter Durchbruch, der auch im neuen Konzept weiterverwendet werden soll. Aber unser Konzept erfordert drei weitere solcher Anschlüsse neben den bestehenden Türen. Jeder dieser künftigen Übergänge zwischen altem und neuen Gebäudeteil stellt jedoch wieder einen Eingriff in die alte Bausubstanz dar, der bestehende Teile des aktuellen Zustands unwiederbringlich zerstöre.

5. Im Kircheninnern sieht unser Konzept eine Bestuhlung vor. Damit stellt sich dem Denkmalpfleger die Frage nach dem Bankspiegel. Da die Bänke nicht mehr aus dem historischen Bestand sind, sind sie nach Einschätzung des Denkmalpflegers nicht schützenswert. Aber die Bankpodeste, auf denen sie seit der ersten Innenraumkonzeption stehen, sollten erhalten bleiben.

Soweit mal die gröbsten Differenzen im derzeitigen Konsultationsprozess.

Ich habe bei den bisherigen Gesprächen wieder gemerkt, wie unterschiedlich man an dieses Thema herangehen kann. In den Diskussionen über einen würdigen Umgang mit unseren Denkmälern ist immer wieder die Frage: Wie wird man einem historischen Gebäude eigentlich gerecht? Indem man jede Veränderung als Eingriff in den Bestand und damit als Bedrohung des historischen, kulturellen und spirituellen Erbes versteht? Oder indem man den Versuch unternimmt, einem Gebäude durch Ideen zur Nutzungsintensivierung und Neuinterpretation auch für die künftigen Jahre wieder größere Relevanz, neue Bedeutungstiefe oder Prägekraft zuzuweisen? Je nach dem, wie man an sich in dieser Frage positioniert, entsteht durch die kontroverse Diskussion schnell die Gefahr, dass es je nach Entscheidung nur Gewinner oder Verlierer gibt.

Wir sind aktuell noch auf der Suche nach Kompromissen. Ich hoffe sehr, dass es uns gelingt, entschlossen an der grundsätzlichen Konzeptidee festzuhalten, aber gleichzeitig sensibel mit den Bedenken der Denkmalbehörde umzugehen. Entschieden wird letztendlich auf der Ebene der Baurechtsbehörde im Landratsamt. Bis Ende Mai wollen wir den Bauantrag stellen. Bitte drücken Sie uns die Daumen, dass wir zu einer einvernehmlichen Lösung kommen und unser Zeitplan nicht aufgrund dieser Problemlage erneut durcheinander gerät!